Demokratie
Volk oder Bevölkerung?
“Du sprichst so ein besonders schönes Deutsch!
Bist Du aus Bayern? Eine Fränkin? Oder bist Du Würzburgerin?
Ja, was bist Du denn?”
“Du hast vielleicht Fragen!
Manche sagen, ich spreche ziemlich unverständlich!
Und ehrlich: Ich bin nichts davon!
Ich bin nämlich Europäerin!”
“Was soll das heißen – Europäerin?
Geht’s bei der Herkunft nicht um Abstammung?
Und gibt’s das denn – einen Volksstamm der Europäer?”
“Natürlich nicht!
Wir sprechen Deutsch, manche fühlen sich als Bayern oder Franken, aber alle gehören wir zur Bevölkerung Europas!”
“Okay, verstehe!
Das gilt natürlich auch für Polen, Franzosen, Italiener, Rumänen und so weiter …
Aber was verbindet uns dann eigentlich?”
Entscheidungen
Um zu verstehen, wer in Europa die Entscheidungen trifft, die
dann für ca. 450 Millionen Menschen Bedeutung haben, hilft
uns die Grafik, die Du schon auf der Tafel gesehen hast.
Wir müssen sie näher erklären:
Klicke einfach auf die Fragezeichen, und Du erhältst weitere
Informationen zu einigen wichtigen Fragen der politischen
Organisation in Europa!
Dabei stellen sich drei wichtige Fragen, die es zu beantworten gilt. Näheres erfährst du nach dem Klick auf die Fragen:
Volksvertretung
Die Europäische Union ist eine repräsentative Demokratie.
Das heißt: Du äußerst Deine politischen Wünsche nicht direkt,
sondern dadurch, dass Du sie an einen Vertreter übergibst.
Bildquelle: Europäisches Parlament Verbindungsbüro in Belgien
“Du wählst diesen Vertreter – man nennt ihn Repräsentanten – und der vertritt dann im Rahmen seiner Parteizugehörigkeit Deine Ansichten im Europa-Parlament.
Dabei stellen sich allerdings ein paar wichtige Fragen:
Das Europäische Parlament ist das größte multinationale Parlament der Welt: Seine 705 Abgeordneten aus 27 Nationen vertreten derzeit rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Damit vertritt jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete kalkulatorisch etwa 634.000 Menschen.
Wie viele Abgeordnete aus den einzelnen EU-Staaten kommen, ist vertraglich vereinbart worden.
Aus Deutschland kommen 96 Abgeordnete.
Die Mitglieder des Europaparlaments haben sich zu sieben sogenannten Fraktionen, deren Angehörige sich politsch verbunden fühlen, zusammengeschlossen: Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D), Renew Europe, Identität und Demokratie (ID), Die Grünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA), Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) und die Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament – GUE/NGL. Hinzu kommen noch 38 Parlamentarier die keiner der genannten Fraktionen angehören. Im Europäischen Parlament sind also sehr viele verschiedene politische Richtungen vorhanden!
Weitere Informationen zum Europäischen Parlament und seiner Arbeitsweise findest du hier.”
Optimierung
Ist die EU wirklich an allem schuld und macht sie sich durch Zögern und Zanken in vielen zentralen Politikfeldern, wie z.B. in der Flüchtlingsfrage oder bei der Impfstoffbeschaffung, vielleicht sogar entbehrlich?
“Natürlich macht die EU immer wieder auch Fehler. Manchmal erzeugen die EU-Institutionen Ärger durch Regelungswut und bürokratische Schwerfälligkeit. Und es gibt viele Klagen über die Handlungsunfähigkeit und die Ineffizienz der EU, zumal bei wichtigen Entscheidungen das Prinzip der Einstimmigkeit gilt. Das heißt, Vorschläge können durch das Veto nur eines einzigen der 27 Mitgliedsstaaten blockiert werden.”
Mit dem Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009 wurde jedoch erfolgreich versucht, Unzulänglichkeiten der EU zu begegnen, und zwar auf verschiedenen Ebenen:
- durch Stärkung des Europäischen Parlaments
- durch Vereinfachung der Mehrheitsentscheidungen
- durch Spitzenkandidaten bei den Europawahlen
- durch Einführung einer Europäischen Bürgerinitiative
Wehrhaftes Europa
Gleichgültigkeit, nationale und persönliche Egoismen, aber auch Anfeindungen und Verleumdungen der politischen Rechten bedrohen Europa als Idee und historisches Friedensprojekt.
Dagegen muss man sich wehren – mit Wachheit, Offenheit und guten Ideen. Bono, der Lead-Sänger der irischen Rockband U2, hat all das in ein flammendes Plädoyer (Hier geht’s zum Originalbeitrag bei faz.net) zusammengefasst – gegen Nationalismus, Uniformität, Desinteresse …
Bildquelle: Falkenauge Lizenz: CC BY-SA 3.0
… für Einigkeit in Vielfalt, Frieden und Chancengleichheit.
Bono hebt auch hervor, was einmal der innerste Kern des europäischen Gedankens war – und noch immer ist: dass in Europa Frieden herrscht. Und er spricht vom Wohlstand in Europa, und davon, dass wir diesen Wohlstand besser verteilen müssen – mit unserer Art, politisch zu leben: mit einer starken Demokratie!
Die stärksten Waffen, die ein vereintes Europa hat, sind aber die Bürgerinnen und Bürger, die sich für die europäischen Werte immer und überall stark machen.
Bevölkerung Europas
Europa ist ein Kontinent der Vielfalt. Da ist es nicht sinnvoll, von einem geschlossenen Volk der Europäer auszugehen. Es gibt schließlich Unterschiede der Sprache, der Kultur, der Geschichte, der Tradition.
Sogar – oder besonders – beim Essen pochen viele Europäer auf ihre regionalen Vorlieben. Überall in Europa kann man beispielsweise Pizza essen – aber sie stammt eben aus Italien. Und die Weißwurst hat man eben in Bayern erfunden!
“Nicht nur beim Essen bin ich eine echte Europäerin! Ich sag‘ nur: Pizza, Coq au vin, Paella, Weißwurst, Tafelspitz, Bigosch, Gulasch, Cozonac, Moussaka …”
Und da ist da noch ein ernstes Thema. Viele Menschen wollen nach Europa kommen – aus Asien, Afrika oder anderen Teilen der Welt. Nicht wenige suchen in Europa Schutz oder einfach nur bessere Lebensverhältnisse. Wir bemühen uns, die neu zu uns Kommenden zu integrieren und sie einzubeziehen in die große europäische Familie. Alle zusammen bilden wir dann die große, bunte europäische Bevölkerung – aber eben ganz bestimmt kein „Volk“.
Wie kommen in der EU die Gesetze zustande?
“Was ist eigentlich ein europäisches Gesetz?”
“Die Antwort ist leicht und zugleich auch komplex:
Es gibt in der EU nämlich Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse und Empfehlungen.
Sie haben in der genannten Reihenfolge eine immer weiter abnehmende Kraft zur festen Verpflichtung.”
“Und wie entsteht denn so ein Gesetz?”
“Da muss man fragen: Wer schlägt ein Gesetz vor?
Das ist die Kommission.
Und wie entsteht nun das Gesetz?
Durch Beratungen (sogenannte „Lesungen“) im EU-Parlament und im Rat.
Außerdem gibt es zur Einigung den „informellen Trilog“, eine kleinere Runde.”
“Und wenn Parlament und Rat unterschiedlich denken?”
“Das ist ein Fall, der tatsächlich immer wieder vorkommt.
Dann entscheidet zuerst das Europa-Parlament über den Standpunkt des Rates.
Kommt auch dann keine Einigung zwischen den beiden Entscheidungsorganen zustande, wird ein Vermittlungsausschuss einberufen.”
Und die Gewaltenteilung?
Um eine möglichst gerechte Behandlung aller öffentlichen Fragen zu erreichen, haben die Staatsdenker schon seit dem 17. Jahrhundert gefordert, dass die bestimmenden Gewalten in einem Staat nicht in derselben Hand liegen sollen.
Drei große Bereiche müssen also mehr oder weniger streng voneinander getrennt sein:
Die Personen, die über die Gesetze abstimmen, sitzen in der Europäischen Union im Europaparlament und im Rat der Europäischen Union (EU-Ministerrat).
Die Personen, die in der EU die Gesetze ausführen, sitzen in den nationalen Regierungen, im Europäischen Rat und der Europäischen Kommission.
Die Personen, die darüber wachen, dass die Gesetze in der EU überall gleich durchgeführt werden, sitzen im Gerichtshof der Europäischen Union (EUGH).
Wer ist denn Bürger*in der EU?
Gibt es das überhaupt – eine europäische Staatbürgerschaft? Wäre das nicht ein Eingriff in die Rechte der Nationalstaaten, also Deutschlands, Polens, Frankreichs etc.? Aber viele Bürgerinnen und Bürger fühlen doch europäisch – mehr als national oder regional! Was tun?
Die Lösung des Problems ist denkbar einfach:
Alle Bürger eines Staates, der zur EU gehört, sind automatisch auch Bürger der EU, also Unionsbürger.
Das wurde 1992 im Vertrag von Maastricht (Artikel 17) festgelegt.
Und was bedeutet das bitteschön? Bringt das Vorteile für die einzelne Person? Oder auch Pflichten?
Quelle: flazingo.com
Der grundlegende Vorteil ist, dass man durch die Unionsbürgerschaft Inländer in ganz Europa ist.
Man ist wirklich überall „zu Hause“. Das wirkt sich z.B. bei der Suche nach einem Arbeitsplatz oder nach einer Wohnung aus.
Die wichtigste „Pflicht“ von Unions-bürger*innen ist zweifellos, an den politischen Geschehnissen in Europa Anteil zu nehmen.
Besonders wichtig ist dabei die Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament.